Holger Best · Bericht

Malerei und Skulpturen von besonderer Tiefe

Jörg Künkel stellt im Kunstverein Lingenfeld aus.

VON HOLGER BEST

Der Künstler LONS alias Jörg Künkel zeigt bis zum 22. April im Kunstverein Lingenfeld neue Arbeiten. Zu sehen sind neue Arbeiten auf Holz und Leinwand sowie Skulpturen aus der Serie „Little Massai“.

Der studierte Designer hat im Laufe der Jahre eine eigene Formen- und Zeichensprache entwickelt. Seine frühen Arbeiten auf Schichtholz erinnern an prähistorische Zeichnungen, wie man sie in der berühmten Höhle von Lascaux im Tal der Vézère oder in der Grotte Chauvet an der Ardèche sehen kann. LONS hat einige dieser Höhlen besucht und ist fasziniert von den Zeichnungen, die unsere Vorfahren dort vor 20 oder 30.000 Jahren hinterlassen haben. Damit ist er nicht allein. Picasso soll 1940 beim Anblick der Steinzeit-Malereien ausgerufen haben: „Wir haben nichts dazu gelernt!“

Auch wenn LONS mit modernen Farben malt, erinnert seine Arbeitstechnik entfernt an die der Höhlenmaler, deren Bilder im Laufe der Jahrtausende vom Wasser ausgewaschen oder von Kalkablagerungen überdeckt wurden. Zum Teil wurden die Bilder auch tausende Jahre später von Nachfahren übermalt oder ergänzt. Lons verwendet für seine Arbeiten Acrylfarben, Tuschen, Beizen, Lacke und Pigmente in Pulverform. Diesen Farben mischt er Sand, Kreide, Erde und andere Materialien bei. So entstehen im ersten Arbeitsschritt strukturierte, reliefartige Untergründe, die den Bildern ihre besondere „Tiefe“ geben.

Der Entstehungsprozess ist langwierig und komplex. Nachdem der Untergrund angelegt ist, beginnt der eigentliche kreative Teil. Schicht für Schicht werden nun die Farben aufgetragen, mal flüssig, mal pastos, mal mit dem Pinsel, mal mit Spachteln, oft auch direkt mit den Händen. In diese Farbschichten malt, kratzt oder druckt der Künstler seine Formen und Zeichen, um sie anschließend wieder in Teilen zu übermalen und zu zerstören. Dieser Prozess kann über Tage, aber auch über Monate gehen. „Oft hole ich Bilder nach einiger Zeit wieder hervor und bearbeite sie weiter, wenn ich das Gefühl habe, dass noch irgendetwas fehlt.“


„Die größte Herausforderung: Wann muss ich aufhören?“

Die neuen Arbeiten auf Leinwand, die LONS zu ersten Mal in Lingenfeld zeigt, entstehen in der gleichen Technik, gehen aber in eine neue Richtung. Die Bilder sind größer, abstrakter und freier in der Ausdrucksform. Erkennt man bei den früheren Arbeiten auf Schichtholz noch den Grafiker und Zeichner, sind die neuen Arbeiten eher der informellen Malerei zuzuordnen. „Ich will nicht immer das Gleiche machen“, sagt der Künstler und erklärt an zwei Beispielen was er meint. Viele Künstler entwickeln ihren Stil und bleiben ihm dann treu – auch auf die Gefahr hin, sich nur noch selbst zu kopieren. Im Gegensatz dazu erfindet sich Gerhard Richter immer wieder neu. Das finde ich faszinierend.


„Ich mache nur was mich überzeugt.“

LONS hat mit seinem Team viele Jahre erfolgreich Medienkonzepte für Verlage und Unternehmen entwickelt. Da gibt es klare Vorgaben, da spielt es keine Rolle, was dem Designer gefällt.  Es geht ausschließlich darum, was der Markt braucht und was den Leser überzeugt. „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“ Heute mache ich nur noch was mir gefällt sagt LONS und ist sich dieser Freiheit sehr bewusst.

Die Ausstellung wird durch Skulpturen aus der Serie „Little Massai“ abgerundet, die thematisch hervorragend zu den Bildern passen. Bei den Skulpturen handelt es sich genau genommen um Materialcollagen (Assemblagen) aus Fundstücken, die der Künstler über Jahre hinweg gesammelt hat. Schwemmholz, Teile von geschmiedeten Werkzeugen, altes Leder, Stoffreste und viele Kleinteile werden kunstvoll arrangiert und zu neuem Leben erweckt.

„Ich verwende nur „Bauteile“, die von Menschen in Handarbeit hergestellt wurden, Dinge die eine Funktion und einen Wert hatten, bevor sie achtlos weggeworfen wurden.“ Im Laufe der Zeit haben sich die Teile verändert, begannen zu rosten oder sich aufzulösen und haben dadurch ihre einzigartige Ästhetik entwickelt. LONS ist überzeugt: Die Energie, die beim Entstehungsprozess in die Dinge eingeflossen ist, bleibt erhalten. Deshalb spricht er auch gern von Reanimation wenn es um die Wiederbelebung seiner eindrucksvollen Fundstücke geht.

Die Ausstellung in Lingenfeld ist sehenswert, belebend und auf jeden Fall einen Besuch wert.

AUSSTELLUNG
Kunstverein Lingenfeld
Hauptstraße 58 · 67360 Lingenfeld
bis 22. April 2018
Öffnungszeiten: Sa. 15:00 – 17:00 Uhr,
So. 10:00 – 17:00 Uhr und nach Vereinbarung
Einführung: Beatrix Altmann-Schmitt
Info: www.lons.de